Mittwoch, 11. November 2015

Warum sehe ich BLÖD.de nicht?

Im Web tobt ein neuer Kampf: Schwarz gegen Weiß. Werbeindustrie gegen Werbeverweigerer/Freibier vs. Kommerz.

Quelle: http://www.bild.de/wa/ll/bild-de/unangemeldet-42925516.bild.html
Auf der einen Seite stehen Anbieter, die sich ihren Webauftritt vergolden wollen, in dem sie Werbung präsentieren. Die Form der Werbung hat sich in den letzten Jahren immer stärker verändert und wurde zunehmend aggressiver.

Quelle: http://www.geo.de/

Anstatt eines statischen Bildes oder eines Textes (so, wie es bis vor kurzem Google noch vorgelebt hat), werden heutzutage meist viele Werbeflächen verkauft, die alle medialen Tricks nutzen. Dazu gehören animierte (Flash-) Videos, Layer, die sich in den Vordergrund schieben, Audio usw.

Auch Google überspannt den Bogen zunehmend (zumindest bei der Anzahl).
Immerhin sind es statische Elemente.
Quelle: https://www.google.de/#q=winterreifen

Zum einen stört das geblinke und getöne natürlich beim Studium der eigentlichen Seite, denn keiner geht auf so eine Webseite, um die Werbung zu sehen. Auch wenn einige Anbieter, den Besucher für dumm verkaufen wollen und 100% Werbung zeigen und das eigentliche Angebot nur am Rande erreichbar machen.

Quelle: http://www.gmx.net/


Die Werbung an sich könnte man ja vielleicht noch als Übel hinnehmen. Um Werbung aber effektiv verkaufen zu können und möglichst viel Nutzen (aus Sicht der Werbeindustrie) daraus zu ziehen, werden alle möglichen Techniken genutzt, um den Besucher (wieder-) zu erkennen. Das nennt sich Tracking.

25 gefundene Tracker auf einer einzelnen Webseite.
Diese Tracker stellen einen eklatanten und Eingriff in die Privatsphäre und den Datenschutz dar, den kein Mensch hinnehmen sollte oder muß. Selbst wenn man in seinem Browser nichts gegen die Werbung an sich unternimmt und nur gegen die Tracker vorgeht, in dem man sie mit einem Add-On wie Ghostery deaktiviert, wird man teilweise von den Webseiten ausgeschlossen und sieht dann den Adblocker-Hinweis (zum Beispiel bei Bild.de). Es geht also nicht nur darum, Werbung anzuzeigen, sondern auch, daß Nutzerverhalten zu protokollieren und zu analysieren. Denn dadurch können die Werbeeinnahmen maximiert werden.
Werbung in Printmedien und auf Plakaten ist statisch und anonym. In einer Zeitschrift wimmelt es von Anzeigen. Aber ich werde beim Lesen der Zeitschrift nicht belästigt und vor allem nicht (heimlich) beobachtet. Es werden keine Daten über mich irgendwo bei einem Anbieter (oder auf meinem PC) auf unbestimmte Zeit gespeichert und verkauft. Das ist ein wichtiger Unterschied, warum Werbung in einer Zeitschrift akzeptiert wird (obwohl man sogar für die Zeitschrift i. d. R. schon Geld bezahlt hat), während man sich dagegen im Web wehrt.

Ein weiteres Problem der multimedialen Werbung im Internet ist, daß sie sehr oft von Schadsoftware begleitet wird. Fehler in der Software, die für die Anzeige der Werbung erforderlich ist (z. B. Flash), strotzt vor Fehlern (weshalb es fast wöchentlich ein Update gibt). Der Werbeanbieter übernimmt aber keine Verantwortung dafür, wenn durch Mißbrauch seiner Werbung mir ein Virus oder ähnliches untergeschoben wird. Das ich mich gegen Techniken schütze, die mich persönlich gefährden, sollte wohl selbstverständlich sein und ist mein gutes Recht.

Die Anbieter von Webseiten mit Werbung halten natürlich dagegen und das meistens mit den gleichen Argumenten:
  • Der Inhalt der Webseite ("content") sei schließlich kostenlos zu nutzen, koste aber bei der Produktion Geld (Personal, Technik usw.)
  • Werbung sei die das bei Weitem am besten funktionierende universelle Geschäftsmodell im Internet.
Wenn ich den content nur noch zu sehen bekomme, in dem ich mit Werbung zugemüllt werde und persönliche Daten gesammelt und verkauft werden, ich Sicherheitsrisiken eingehen muß, dann ist der Inhalt nicht wirklich kostenlos, sondern es wird ein Preis verlangt, den ich nicht bereit bin, zu zahlen. Im Grunde ist das eine Gratis-Mentalität des Anbieters: Ich stelle meine Daten, meine Zeit, mein Leben gratis für seinen Profit zur Verfügung.
Das Internet wurde nicht für Geschäftsmodelle geschaffen, sondern für den freien Austausch von Informationen. Wer Geld verdienen will, sollte sich ein Betätigungsfeld suchen, bei dem er ein Produkt anbietet, für das andere auch (gerne) bereit sind, zu zahlen. Eine Möglichkeit sind Bezahlschranken. Das Problem mit denen ist, daß die meisten Anwender nicht bereit sind, für kostenlosen Inhalt zu bezahlen. Das Phänomen Internet sorgt nämlich dafür, daß (fast) alles, wofür man an einer Stelle bezahlen soll, an anderer für umsonst zu haben ist. Wer also für seinen content Geld verlangt, braucht wirklich einmaligen (guten) Inhalt. Ansonsten bleiben die Besucher der Seite einfach fern. Zumal oft genug auch nach einer solchen Schranke lästige Werbung angezeigt und Tracking eingesetzt wird.

Auch im Fernsehen begegnet uns Werbung. Bei den öffentlich-rechtlichen sogar, obwohl jeder Bürger schon dazu gezwungen wird, GEZ-Gebühren zu bezahlen. Bei den privaten Sendern ist es verständlich. Aber auch da kann ich bei einem Werbeblock wegzappen ohne, daß ich deshalb am sehen des restlichen Programms gehindert werden. Ein Grund, warum die Werbung innerhalb einer Sendung immer bizarre und penetrante Formen annimmt. Aber auch hier: mein Seh-verhalten ist anonym. Daran kann sich die Web-Werbung orientieren: Sie sollte nicht versuchen, daß monetäre Maximum auf Kosten der Besucher abzuschöpfen. Sie sollte sich mit dem Zufrieden geben, was ein Besucher bereit ist zu geben. Statische, unaufdringliche Werbung in angemessener Größe und ohne Tracking ist durchaus akzeptabel. Auch hier wird es Anwender geben, die diese unterdrücken. Aber dann ist das hinzunehmen, so wie das wegzappen im TV, denn es gibt genügend andere Anwender, die sich berieseln lassen.

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